Letzte Woche gab ich ein Training unter dem Titel „Be bold“ – sehr frei übersetzt mit „mute deiner Umwelt deine volle Größe zu“. Es ging dabei um Wirkung und Wunschwirkung, Rhetorik, Präsentation und Schlagfertigkeit – für eine reine Frauengruppe (liebe ich!). Immer wieder auch ging es um den Unterschied „Männer und Frauen im Business“. Das, was man Männern gestattet, lässt man Frauen noch lange nicht durch. Das exakt gleiche Verhalten kann bei Männern als „fokussiert“, bei Frauen dagegen mit „egoistisch und zickig“ bewertet werden.
Ein wahrhaft spannendes Feld. Auch wir Frauen betrachten andere Frauen bisweilen sehr kritisch.
Im Anschluss an das Training erreicht mich dieses schöne Feedback: „Monika, du kannst jede Teilnehmerin da abholen, wo sie ist. Du siehst ihr ganz persönliches Potenzial. Zu keiner Zeit hatte man das Gefühl, von dir ein fertiges Konzept übergestülpt zu bekommen.“ Diese Worte freuen mich ganz besonders, denn genau das ist mein Anspruch: jede und jeden wirklich zu sehen.
Wenn ich an meine Anfänge vor 30 Jahren zurückdenke, dann muss ich gestehen: das war nicht immer so. Hatte ich doch das Gefühl, es gibt einige Rezepte, die für alle gelten dürfen. Doch es geht nicht darum, herüberzubringen, was ich alles weiß, sondern zu erkennen, was mein Gegenüber im Coaching oder im Training gerade braucht.
Präsenz und Interesse schlagen Intelligenz
Herbst 1868. Der Brite William Gladstone will englischer Premierminister werden. Vor der Wahl gingen er und sein Konkurrent Benjamin Disraeli jeweils zufällig mit derselben Frau essen.
Hinterher wurde sie von der Presse gefragt, welchen Eindruck beide Männer bei ihr hinterlassen hätten.
„Nach dem Dinner mit Mr. Gladstone hatte ich das Gefühl, dass er der klügste Mensch in ganz England ist“, sagte die Frau. „Nach dem Essen mit Mr. Disraeli dachte ich, ich sei die Klügste im Land.
Man kann sich vorstellen, wer die Herzen der Wähler gewann.
Quelle: Das Charismageheimnis, Olivia Fox Cabane
Wir sind interessant, wenn wir interessiert sind.
Was zählt ist, welches Gefühl Menschen haben, nachdem sie mit uns zu tun hatten.
Neugier, echtes Interesse, zuhören, verstehen wollen - damit gewinnt man Menschen für sich.
Wie will ich sein, wenn ich alt bin?
Mit dieser Frage beschäftige ich mich schon länger. Dazu beobachte ich gerne: Menschen, die ich kenne und Menschen, die man aus der Öffentlichkeit „kennt“. Manche inspirieren mich positiv, manche lassen mich das Gegenteil wünschen, andere wiederum lassen mich kalt. Auf meiner Bahnfahrt vom Training zurück hatte ich Zeit, mir diesen Podcast mit Reinhard Mey anzuhören. Was für ein toller Mensch! Er ist großzügig, reflektiert, neugierig, sehr vital.
Der 81-jährige (* 21. Dezember 1942) spricht von "Zuhörerinnen und Zuhörern" und zeigt damit, dass er modern und wertschätzend kommunizieren kann und will.
Ein beeindruckendes Interview. Reinhard Mey ist ein Mensch, mit dem man gerne befreundet wäre.
Ich weiß schon heute, dass ich auf jeden Fall neugierig und interessiert bleiben will. Dazulernen bis zum letzten Atemzug. Güte und Großzügigkeit will ich stets trainieren. Vital bleiben, viel reisen. Mich von Wehwehchen und Stolpern nicht ins Bockshorn jagen lassen. Arbeiten, solange ich etwas zu fragen und sagen habe. Viel lesen und Gäste einladen.
Wie willst du sein, wenn du alt bist? Wie auf keinen Fall?
Eine schöne (Wiesn-)Herbstwoche
wünscht von Herzen Deine und Ihre
Monika Scheddin