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Nicht alles, was korrekt ist, ist auch richtig!

 

23. Februar 2012 Bundeskanzlerin Merkel spricht vor 1200 Gästen auf der Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die Opfer des rechtsextremen Terrors in Berlin. Mitglieder der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ hatten zwischen September 2000 und April 2007 neun Einwanderer türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin getötet.

 

Die Kanzlerin macht es gut: Sie begrüßt alle Anwesenden, hält eine gute Rede und sie entschuldigt sich bei Opfern und Hinterbliebenden für falsche Verdächtigungen gegen sie und verspricht: „Sie stehen nicht länger allein mit ihrer Trauer.“ Aber eine Sache „gut“ zu machen heißt noch lange nicht, sie wertschätzend und menschlich zu machen. Denn die Kanzlerin hält sich an die „Regeln“ und begrüßt die Anwesenden korrekt nach dem offiziellen Benimm-Protokoll: die wichtigen Ordensträger und Amtsinhaber namentlich zuerst, die Hinterbliebenen zum Schluss.  

 

Schön wäre es gewesen, sie hätte die Reihenfolge umgedreht und die Hinterbliebenden zuerst begrüßt. Denn solche Zeichen fallen auf. Beispiel Sitzordnung: Die Teilnehmer der Veranstaltung saßen in der ersten Reihe anders als üblich nicht nach protokollarischem Rang sortiert, sondern es mischten sich Repräsentanten des Staates mit Bürgern und Hinterbliebenen.

 

Später dann spricht Ismail Yozgat. Er weiß nicht viel von Protokoll und so begrüßt er erst „alle“, und dann einen Mann, der gar nicht da ist. Christian Wulff. Eigentlich hätte dieser in seiner Funktion als Bundespräsident reden sollen, nach seinem Rücktritt eine Woche zuvor hat die Kanzlerin diese Aufgabe übernommen. „Guten Tag an alle. Lieber Präsident, liebe Bundeskanzlerin, liebe Gäste, ich grüße Sie alle in Respekt. Ich bin der, der am 6. April 2006 im Internetcafé den mit einer Kugel im Kopf sterbenden 21-jährigen Halit Yozgat in seinen Armen hielt – ich bin sein Vater, Ismail Yozgat. Zuallererst möchte ich mit meinem ganzen Herzen, das bislang viel getragen hat und noch tragen muss, von hier aus Bundespräsident Wulff unsere Grüße und Verehrung übermitteln. Voller Bewunderung erinnern wir uns an seine Gastfreundschaft. Ich danke ihm. Dank auch an diejenigen, die die heutige Zeremonie gestaltet haben. Ich möchte all jenen Menschen aus Kassel-Baunatal und Umgebung für ihre Mühe danken, die darin bestand, dass sie mir bis heute ein Weiterleben ermöglicht haben. Drei Briefe mit Absender Frau Professor Barbara John erreichten mich. Es ging um die Begräbniskosten und ob wir 10.000 Euro bekommen möchten. Wir als Familie Yozgat möchten das alles nicht haben. Jedoch bitten wir um drei Dinge: Dass die Mörder und ihre Helfer gefangen werden. Mein Vertrauen in die deutsche Justiz war immer vorhanden, von nun an, so hoffe ich, wird es vollkommen sein, Insallah, so Gott will. Zweitens: Mein Sohn Halit Yozgat ist in der Holländer Straße 82 zur Welt gekommen und in der Holländer Straße unten im Ladenlokal erschossen worden und gestorben. Wir als Familie möchten die Holländer Straße gerne in Halit-Straße benennen lassen. Wir bitten um Mithilfe. Drittens: Wir möchten, dass im Namen der zehn Verstorbenen eine Stiftung für Krebskranke gegründet wird und alle Preise und Hilfen dorthin geleitet werden. Nochmals: Allen Organisatoren dieses Tages danke ich herzlich.“

 

Diese Rede war wirklich beeindruckend: Menschlich und gefühlvoll. Sehr persönlich und einfach. Und da ist einer, der will kein Geld als Entschädigung für seinen Sohn – hat aber drei Wünsche (die ihm vermutlich alle nicht erfüllt werden). Die Worte der Kanzlerin waren korrekt, aber sie blieben nicht im Herzen. Ismail Yozgat dagegen hat sich – was die gängige Etikette angeht – zumindest ungewöhnlich verhalten, hat aber als einfacher Mann die passenden Worte gefunden und für den bewegendsten Moment der gesamten Veranstaltung gesorgt.  

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