Letzte Woche hatte ich es eilig. Ein wichtiger Empfang. Die Wetterlage war gegen Radfahren. Die U-Bahn fuhr nicht – Lautsprecher kündigen eine Verzögerung von mindestens 45 Minuten an. Es hilft nichts: rein ins Taxi. Nach 400 Metern Stau. Der Taxifahrer ist genervt. Wir brauchen drei Ampelphasen, um endlich abbiegen zu können. In Freizeitkleidung hätte man glatt laufen können.
Der Taxifahrer lässt zwei Frauen über die Straße. Die würdigen ihn keines Blickes. Er seufzt leise.
„Ein kleines Zeichen des Dankes wäre schön gewesen, oder?“ frage ich. „Ja, aber das kann man nicht erwarten“, antwortet der Taxifahrer.
„Das stimmt. Leider.“
Unhöflichkeit ist nicht cool
Und ich denke darüber nach, dass viele Menschen Unhöflichkeit für cool halten. Viel zu viele. Manchmal würde man die eine oder andere Person gerne leicht schütteln.
„Und dabei habe ich am eigenen Leib erfahren, was einem passieren kann, wenn man sich nicht bedankt“, bemerkt der Taxifahrer. Ganz zu Beginn seiner Tätigkeit mündete seine rechte Autospur in eine linke. „Einfädeln lassen“ ordnete ein Verkehrsschild an. Ein Pkw-Fahrer ließ das Taxi einfädeln. Der Taxifahrer dachte nicht länger über die Tatsache nach und machte seinen Job. Doch hinter ihm hupte ein Auto ständig, fuhr dicht auf, gab wilde Handzeichen von sich, hupte wieder, bedrängte ihn ganze 8 km, bis sie schließlich an einer Ampel nebeneinander zum Stehen kommen.
Beide kurbeln das Fenster runter.
„Was ist los?“ fragt der Taxifahrer genervt.
„Wir haben Sie vorhin vorgelassen und Sie haben sich nicht bedankt!“ brüllt der Autofahrer und die Beifahrerin bestärkt ihn lautstark.
„Die Lektion habe ich gelernt“, sagt der Taxifahrer, „ich bedanke mich jetzt immer“.
„Was niemals ein Fehler ist“, antworte ich und wir sind uns einig.
Zugegebenermaßen hat der Autofahrer, der ein „Danke“ dringend erwartet hat, ein kleines (vielleicht sogar größeres) Egoproblem.
Wer Erwartungen hat, sitzt im Warteraum und wer im Warteraum sitzt, ist nicht dran.
Dennoch
- finde ich jedes DANKE! gut
- wirkt jeder Blickkontakt und jedes Lächeln wie ein Gute-Laune-Booster
- mag ich Menschen mit vollem Einkaufswagen, die dich mit zwei Teilen in der Hand an der Kasse ungefragt vorlassen
- liebe ich es, wenn Menschen grüßen. Ist doch egal, ob man sich kennt.
- feiere ich jede Person, die in der U-Bahn für jemand anders Platz macht
- berührt es mich, wenn Menschen feine Antennen haben und sich um andere kümmern.
Höflich und herzlich wird die Welt besser.
Ich verstehe nichts von Fußball, doch es berührt mich sehr, wie liebevoll sich die spanischen Spieler von Toni Kroos verabschiedeten. Lasst uns deutsche Contenance gegen Herzlichkeit eintauschen.
Eine gefühlvolle Woche wünscht von Herzen
Deine und Ihre
Monika Scheddin
PS: Für kurz Entschlossene: es gibt noch 2 freie Plätze für meinen Workshop "Schreiben!" am Freitag, 12. + Samstag, 13. Juli - live in München.
PPS: Danke an Alex, an Manuela und an Doris - ihr habt meine Woche schöner gemacht!