In der Regionalbahn. Ich freue mich über meinen schönen Fensterplatz, auch wenn ich nur gute 40 Minuten im Zug verbringen werde. Schräg gegenüber nehmen zwei Jugendliche Platz. Ich schätze sie auf 17 Jahre.
Einer von beiden schaut mich kurz an und legt dann entschlossen seine Beine auf die gegenüberliegende Bank.
„Bitte nicht“, sage ich zu ihm.
Er weiß sehr genau, was ich meine und auch sehr genau, warum. Erklärungen sind nicht nötig
Der Jugendliche ringt einen kleinen Augenblick mit sich und nimmt dann die Schuhe vom Polster.
„Danke“, sage ich, lächle ihn an und freue mich
Es kann einfach gehen, muss es aber nicht
So einfach kann es manchmal gehen.
Wichtig ist für mich die Haltung dahinter: Kann ich auch mit einem Nein notfalls umgehen, ohne dass ich mich für den Rest der Fahrt ärgern muss?
Wenn ja, nur zu. Dann kann man Mitmenschen um etwas bitten.
Wenn ein Nein für mich unaushaltbar wäre, dann sollte ich „Fehlverhalten anderer“ ignorieren. Ohnmacht ist manchmal eine angemessene erwachsene Reaktion.
Keine Begründungen
Oft erlebe ich es, dass Menschen begründen wollen. „Sie möchten sich auch auf einen sauberen Platz setzen. Die nächste Person mit heller Hose riskiert Flecken und Schuhcreme ist nicht so leicht herauszukriegen…“
Je mehr Begründungen, desto wahrscheinlicher ist diese Antwort: „Ist mir doch egal“ - was übersetzt eigentlich nur bedeutet: ich weiß nicht, was ich mit deinen Sätzen anfangen soll.
Also, weniger ist mehr.
Wir können nicht alles regeln und die Welt geht nicht unter, wenn ein Halbstarker seine Schuhe aufs Polster legt und sich ausprobiert.
Aber einen Versuch sollte man wagen.
Wie will ich in Erinnerung bleiben: oberlehrerhaft, rechthaberisch, pedantisch, korrekt?
Oder motivierend, freundlich, klar und auf Augenhöhe?
Der Unterschied in der Haltung wird sehr schnell registriert und macht den Unterschied aus.
Eine schöne Woche wünscht von Herzen
deine und ihre Monika Scheddin