In letzter Zeit habe ich einige Interviews zum Thema Freundschaften gegeben. Ihr findet ein Interview mit mir in der aktuellen „Freundin“.
Der Wunsch nach Freundschaft und Wärme ist allgegenwärtig. Doch Wünschen ohne mal den Anfang machen bleibt ein frommer Wunsch.
Wer mich diese Woche zudem aufhorchen ließ, war der Berliner Philosoph Wilhelm Schmid, den ich zum Thema „von der Kraft der Berührung“ im Münchner Literaturhaus erleben durfte. Er erzählte, dass sich nicht nur ältere Menschen nach Berührung und Kontakt sehnen, so dass sie selbst das Pulsmessen des Arztes genießen. Wie manche Menschen die Hand bei der Begrüßung gar nicht mehr loslassen wollen. Aber auch dass eine Grundschullehrerin ihre Schüler nicht mehr bei Kummer in den Arm nehmen möchte, weil sie in Zeit von Me-too kein Risiko eingehen möchte.
Berührung im direkten und im indirekten Sinne ist uns so unfassbar wichtig. Wir möchten von Büchern, Menschen, Bildern und Filmen berührt werden. Wir suchen genau das auch in Freundschaften. Seelenverwandtschaft ist der Gipfel der Freundschaft.
Dann frage ich mich, warum wir im Alltag dann selbst der Bügelwäsche mehr Aufmerksamkeit schenken, als unseren Freunden. Anstatt mal zu Telefonhörer zu greifen. Vielleicht sogar mal ein Kärtchen zu schreiben.
Keine Zeit - heißt es dann. Ich frage mich bei all den Wellness-Angeboten von Achtsamkeitstraining, Atemtraining, Meditation & Co., ob nicht die Zeit, die man teilt, die bessere Investition ist.
Ich weiß sicher, dass ein gemeinsamer Spaziergang mehr für Freundschaften tut, als ein Atem-Kurs in der Volkshochschultruppe, wo ich als Fremde komme und als Fremde gehe.
Und ich weiß sicher, dass eine Geburtstagsparty mit Familie und Freunden eine grandiose Investition ist, denn an meine Wellnessurlaube erinnere ich mich kaum noch, aber das Bild meines 50jährigen Geburtstagsfestes trage ich für immer in meinem Gedächtnis und in meinem Herzen.
Und ich persönlich kann beim gemeinsamen Spaziergang übrigens wunderbar atmen. 😊
Nichts gegen Yoga & Co. - alles wunderbar.
Es geht mir um die Häufung diverser Zeitvertreibe, die nur ums eigene Ego schleichen. Wenn man da etwas losließe und ein kleines bisschen Zeit in Freundschaften investieren würde. Vielleicht sogar etwas Wärme in Fremde investieren würde – nicht auszudenken, was passieren könnte.
Nicht dass ich selbst schon perfekt wäre. Ich beginne schlicht damit, das zu verbessern, über das ich mich wundere.
Wer hat dich in jüngster Zeit so berührt wie mich Wilhelm Schmid?
Eine wundersame Woche wünscht Dir und Ihnen
Monika Scheddin